07/04/2008
Wir haben uns letzte Woche bei Pat zu Spagetti getroffen, um uns kennen zu lernen und die ersten Schritte in Sachen Planung zu unternehmen. Wir, das sind Szolt Szabo sen., mein Freund aus Hevesh Ungarn, mit dem ich den ersten Wanderritt von Budapest nach Offenburg im Jahr 2004 mitmachen durfte, Pat und neu dazugekommen, Olivia aus Frauenfeld, die ebenfalls einen Shagya-Araber reitet. Szolt erzählt uns von seinem Heimatland, Rumänien, wo er aufgewachsen ist, und wo seine Mutter noch immer lebt. Er erzählt uns auch von der Donau Ebene und den dort herrschenden Bedingungen. Grund genug für mich den Vorschlag zu machen, das Schwarze Meer schwarz sein zu lassen und stattdessen lieber von den Karpaten was mehr mitzunehmen. 45 ° C im Schatten, und laut den Bauern soll es ein heisser Sommer werden, sind mir einfach ein paar Grad zu heiss.
Wir besprechen die Reisezeit, Transportmittel, Grenzprobleme und klären ab, was dieser Ritt für uns und unsere Pferde bedeutet. Pat klärt die Reisedaten, Olivia die tierärztlichen Bestimmungen, Szolt und ich werden die Grenzbestimmungen vor Ort und übers Internet klären und ich werde mich um den Transporter kümmern. Nach einigen weiteren Emails unter uns Karpaten-Reitern ist es nun klar:
Wir reiten nicht mehr Schwarzes Meer - Budapest, sondern machen einen Karpaten Rundritt. Wir starten im Norden der Ostkarpaten - gehen nach Süden und reiten entlang der Südkarpaten nach Westen. Die Westkarpaten geht’s dann wieder hoch, bis wir ans Ende der Zeit oder nach Hevesh kommen. Grob dürften das 1400 km Luftlinie sein. Ich verbringe Stunden damit die Internetseiten, Rumäniens zu durchstöbern und Zollbestimmungen zu studieren. Wobei Rumänien definitiv spannender ist. Aber nichtsdestotrotz, wir finden alle Informationen und auch eine Station, wo wir Ersatzmaterial hinschicken können. Soviel für Heute.
13.7.2008
Yeppee, das Kartenmaterial ist da…. auch eine GPS-Karte fürs Garmin. Jetzt kanns losgehen. Ein Teil des Rittes auf den ich mich immer besonders freue. Die Routenwahl, aber… die Kartenübersicht und die Realität stimmen leider nicht ganz überein. Ich habe zusammenhängende Kartenausschnitte bestellt, gekommen sind aber Ausschnitte, die Lücken bis zu 50 und mehr km aufweisen. Well nicht alles kann perfekt sein. Ich arbeite also mal wieder mit Google Earth, einer 300.000er Karte und dem Mapsource Produkt. Die Route wird spannend. 10 cm sind 30 km, das reduziert das Kartenmaterial erheblich und die Strecke wird 1500 km lang mit etwa 20.000 Höhenmetern. Keine Ahnung, was für Wege uns erwarten. Es wird aber sicher besser reitbar sein als das letzes Jahr.
Die neuen Satteltaschen sind fast fertig, und die Ausrüstung passt so langsam. Neue Zaunstangen (signalgelb) die Zeltstangen verdoppelt, damit die BW-Planen zum Halbrundzelt aufgebaut werden können. Das Carnet ATA muss noch organisiert werden und wir diskutieren die längste Zeit darüber, ob wir Domingo nun doch mitnehmen als Ersatzpferd oder nicht. In USA werden neue Antibremsenmittel bestellt (eines das wirklich eine Woche halten sollte) und die Termine für den Beschläge und Tierarztversorgung werden ausgemacht. Ein letzter Proberitt mit gesamtem Gepäck und dann kann das Abenteuer beginnen.
Wir werden mit einem 4er Hänger nach Hevesh in Ungarn fahren, und dann dort verladen nach Baia Mare im Norden von Rumänien. Klaus mein Freund aus Altensteig, wird zur gleichen Zeit nach Hevesh fahren und dort 14 Tage auf der Ranch von Szolt verbringen. Ich freue mich auf die Zeit. Allerdings ist noch einiges zu tun.
Hier die Karte unserer Reise…. Einige Abkürzungen sind noch in Arbeit…... Wer mehr über Rumänien wissen möchte… http://www.karpatenwilli.de
11.8.
Der letzte Tag vor unserer Abreise. Es ist schon fast ein gutes Omen. Die alljährliche Schreckensmeldung kurz vor dem Abritt. Nein diesmal sind es nicht die Pferde. Denen geht es so weit gut. Diesmal bin ich es selbst, zehn Tage vor Abfahrt werde ich krank, und der Dotore meint, es könne länger dauern. Gürtelrose. Heute ist der erste Tag ohne Medis und es geht ganz gut. Ich bin noch nicht so fit, dafür hatte ich kein Problem mein Kampfgewicht zu erreichen.
12.8.
Es ist so weit. Um 4 Uhr steht Pat bei mir auf der Matte. Wir laden die Pferde und um 5 treffen wir Pete bei Winterthur. Ein Luxusliner der Extraklasse hängt an seinem gedieselten Nissan. Eine Stunde später sind wir auf dem Heldhof bei Olivia, wo unsere Pferde stehen. Die Pferde stehen diagonal zur Fahrtrichtung und eine Milchkanne voll Innerschweizer Bergwasser hat Pete auch dabei. Bei Nieselregen brechen wir auf und fahren Richtung Innsbruck, wo wir bei Stefan Streit einen tollen Lunch serviert bekommen. Die Fahrt verläuft ruhig und bei voll aufgedrehter Klimaanlage. Die Pferde stehen bequem und völlig entspannt im Hänger, alle zwei Stunden werden sie mit Wasser und Heu versorgt. Kurz vor Wien geraten wir in einen Stau. Wir entschliessen uns einen Rastplatz zu suchen.
13.8.
Die Pause hat den Pferden gutgetan und wir nehmen die restliche Strecke in Angriff. In Ungarn lösen wir eine Vignette und erreichen unser Ziel in Boconat. Die 4 Hufeisen Kleeblattranch von Szolt ist ein Reiterhof, den er in den letzten Jahren Zug um Zug ausgebaut hat. Wir laden die Pferde aus, sie werden von ganzen Schwärmen stechender Insekten freudig begrüsst und wir kriegen ungarisches Gulasch mit Nudeln und einem Willkommens-Schnaps kredenzt. Pete verabschiedet sich und fährt zurück. Während wir die Pferde für einen kurzen Ausritt vorbereiten. Die Sandwege laden zum Galopp ein und die Pferde sind erstaunlich frisch. Wir gehen noch einkaufen und treffen Klaus aus Altensteig mit seiner Familie, die den Hof während der nächsten zwei Wochen hüten und Urlaub machen werden. Klaus ist ein Reiterfreund über dessen Erlebnisse man einen eigenen Blog schreiben müsste. Den Abend beschliessen wir mit einer ungarischen Spezialität, einem handgerolltem Blätterteigdessert und…. einem Schnaps.
14.8.
Sehr zum Leidwesen von Szolt steht Gyula unser Chauffeur schon viertel vor sechs vor dem Ranchtor. Flash und Sir Pachlavan werden auf den Lkw verladen, während Lady Shavina und Anja in Szolts Hänger Platz nehmen dürfen. Wir fahren los und nachdem wir Szolts Schlaglochrennstrecke verlassen haben, fährt es sich zügig der Grenze entgegen. Im Auto gibt es keine Klimaanlage und das Quecksilber steigt und steigt. An der Grenze zu Rumänien stehen zwar Grenzwächter, die interessieren sich jedoch mehr für die Länge meiner Dolchklinge als für die Arztzeugnisse oder gar das Carnet ATA. Also fahren wir weiter und halten an der nächsten Tankstelle, um unter anderem eine Vignette für die Autobahn zu erhalten. Obwohl es noch keine Autobahnen gibt kann es teuer werden, ohne Vignette erwischt zu werden. Aber es gibt auch seit drei Monaten keine Vignetten mehr. Ce la vie. Das Thermometer zeigt 36°C an und die Fahrt nimmt auf den holprigen Landstrassen kein Ende. Statt um drei kommen wir um sechs Uhr abends an. Die Freunde von Szolt sind ganz tolle Gastgeber und versorgen uns, als ob sie wüssten, dass wir die nächsten vier Wochen nichts zu Essen bekämen.
15.8.
Endlich der grosse Treck kann beginnen. Wir besprechen die Route und entscheiden, dass Szolt uns die ersten Tage quer Feld ein führen wird. Hinter dem Hof soll ein Weg auf den Hügel führen, der uns nach Cluj bringen soll. Ein Weg ist zwar nicht erkennbar, trotzdem klettern wir durch das mannshohe dichte Gestrüpp hinauf, den Panzerwagen namens Anja immer voraus. Auf langgezogenen Hügeln ziehen wir in dichtem Gras, immer mal wieder einer Wagenspur folgend dem Tal entlang. Es ist heiss aber noch erträglich, erst als wir ins Tal absteigen müssen, schlägt uns die Glutofenhitze entgegen. Wir reiten parallel zur Hauptstrasse über die Felder und genehmigen uns ein kühles Getränk, bevor wir die Eisenbahn und die Strasse queren. Pferde gibt’s hier noch überall. Sie werden einspännig vor Eisen oder Gummi bereifte Wagen gespannt. Die Wagen selbst sind ca. 1 m breit und 2,5 m lang. Transportiert wird damit alles was man sich denken kann. Die Pferde stehen oft stundenlang angebunden am Strassenrand. Aber im grossen Ganzen stehen sie gut im Futter, auch wenn man das im Gegensatz dazu von deren Besitzer nicht immer behaupten kann. Wir folgen dieser Schotterstrasse durch das überlange Dorf hindurch, ohne dass wir traben können. Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel und es hat etwa 36 Grad. Endlich kommt das Ende des Dorfes in Sicht und damit auch die LPG auf der wir übernachten werden. Es dauert eine Weile bis wir den zuständigen Besitzer gefunden haben und noch länger bis er dann kommt und uns alles zeigt und unsere diversen Wünsche nach Wasser und Kraftfutter erfüllt. Wir bauen den Paddock auf und schlafen vor drei haushohen Heuhaufen neben den Pferden.
16.8.
Um der Hitze des Tages etwas zu entgehen, stehen wir zeitig auf und versorgen die Pferde. Die befürchtete Bremsenplage ist bisher ausgeblieben, dafür fressen uns die Moskitos. Wir ziehen über den ersten Hügelkamm hinweg, als Pat beschliesst abzusteigen und Pachlavan zu führen, da dieser steif geht. Als es nach einer Weile noch immer nicht besser ist, steigt sie doch auf und wir folgen ihr im leichten Trab. Wir reiten stur nach Süden quer über Wiesen und Weiden immer den Höhenrücken der Hügel folgend. Kein Zaun behindert uns, soweit das Auge reicht. Wir traben und galoppieren stundenlang auf Gras und Schotterwegen und machen im Schatten einiger Bäume Rast. Es geht ein stetiger Wind, der aber nicht wirklich kühlt. Es ist um die 35 Grad. Ein alter Bauer kommt und erkundigt sich nach dem wohin und erzählt Szolt seine Lebensgeschichte. Immer wieder passieren wir einsame Holz- und Plastikverschläge, die allein ein ganzes Tal für sich beanspruchen und eine Kuh, ein Pferd und eine Handvoll Schafe ihr Eigen nennen. In jedem Tal stehen Zisternenbrunnen, wo auch wir Wasser mit einem Eimer aus der Tiefe heraufholen und in die danebenstehende Tränke kippen. Wir kommen nach Turda wo wir den Fluss durchreiten, im Dorf auf der Bundesstr. in einem Alimentari einkaufen und uns den Namen und die Lage der nächsten LPG erklären lassen. Paul wartet schon auf uns, zieht sich aber hinter seine Umzäunung zurück, als wir näherkommen. Er begrüsst uns etwas skeptisch, aber als Szolt ihm unser Anliegen erklärt, taut er auf und führt uns in seinen Hof. Er hat Mühe damit, dass es uns wichtiger ist, die Pferde grasen lassen zu können, obgleich sie ja dann nicht innerhalb der Umzäunung stehen. Später müssen wir alle seinen Schnaps probieren, als Gegenleistung dürfen wir dann sein Badezimmer benutzen. Der Himmel zieht zu und es verspricht zu regnen. Drei schlafen im Biwakzelt, nur Szolt legt sich mit seiner Plane auf einen Heuhaufen. Es regnet nur leicht, aber die Mücken hält es nicht ab, über uns her zu fallen.
17/08/2008
In der Nacht sind irgendwelche Hunde unser Camp inspizieren gekommen, aber sonst war es nur das Summen der Moskitos, das lästig war. Paul offerierte uns Frühstück, Kaffee war was wir hörten, Schnaps und Kaffee haben wir bekommen. Die unterschiedlichen Strategien mit der Gastfreundschaft in Sachen Schnaps, um zu gehen, waren nicht überall erfolgreich, mit mehr oder weniger Alkohol im Blut stiegen wir auf und ritten Richtung Süden. Wir erklommen den ersten Hügelkamm und kamen an Kornblumenfeldern vorbei ins nächste Tal. Oben auf dem Kamm erstreckte sich ein riesiges Tal über den gesamten Horizont. Gegen Mittag war das Tal durchritten und wir kamen an den Fluss Mures. Wir versuchten zu furten, aber das Wasser war zu tief, nur Olivia entschloss sich ein Bad zu nehmen. Wir machten Rast, bald umringt von neugierigen Campern. Sie boten uns Bier und Schnaps an und Szolt gestaltete das Mittagsprogramm für den ganzen Flussabschnitt, während die Pferde friedlich grasen. Wir überqueren die Mures auf der Eisenbahnbrücke und sind nur einen Hügelzug später wieder in einer völlig anderen Welt. Täler und Hügelzüge sind nur spärlich bewirtschaftet, Bilder wie vor 200 Jahren. Gegen Abend finden wir wieder eine LPG, wo wir uns einen Thunfischsalat gönnen und die erste Nacht ohne die Gesellschaft von Moskitos verbringen.
18/08/2008
Sibos, der Boss der LPG in Lunca Nuoe brachte uns Wein und Gebäck welches wir zum Frühstück zusammen mit Joghurt und Ananas Stückchen zu uns nehmen. Der Versuch Capuccino Pulver mit Milch zu mischen, endete in zweifacher Hinsicht interessant. Nach dem Schütteln in der Thermoskanne hat man eine schäumende Masse, welche sich in jede Richtung aus zu breiten versucht, vorzugsweise Richtung Hemd des Schüttelnden und später kann man feststellen, dass die Milchmenge nicht reicht, um das Pulver gänzlich zu lösen, was zu dem Klumpen ja eigentlich zur Pfropfen Bildung führen kann. Ich durfte das Zeugs dann runterschlucken. Wir steuern die nächstgelegene Bar an, um einen Kaffee zu uns zu nehmen und werden weiter geschickt. Hier erhalten wir zwar Kaffee sind jetzt aber zu weit östlich, um den Weg über den nächsten Hügel zu finden und reiten wieder ein Stück zurück. Wir klettern der Wagenspur folgend den Hang hinauf, bis wir das Dorf am oberen Ende des Tales sehen können und marschieren dem Kamm entlang darauf zu. Am höchsten Punkt treffen wir zwei Bauern bei der händischen Heuernte und lassen uns den Weg der Höhenlinie folgend zeigen. Leider müssen wir dann doch ins Tal absteigen und auf der anderen Talseite wieder hinauf, bis wir wieder auf einen Weg kommen. Das GPS hat sich bisher gut bewährt, viele Forst und Verbindungswege (Flur und Wiesenwege) sind als auszubauende Verbindungswege im GPS eingezeichnet, so können wir diesen weitestgehend folgen und müssen nur zur Not uns mal quer durch die Büsche schlagen. Das Gras ist nicht sehr hoch, sehr viels unterschiedliche Gräser und Kräuter, mit vielen heftigen Disteln durchsetzt und immer mal wieder treffen wir auf Dornengestrüpp. Die Hügel in der Regel recht flach und nur auf der Südseite steiler abfallend. Es war in der Frühe zwar bewölkt aber inzwischen zieren nur noch einzelne Wölkchen den azurblauen Himmel und die Temperatur zeigt wieder Richtung 34 Grad. Wir überqueren einen weiteren Rücken und folgen dann dem Tal bis zu dessen Ende und dann sanft ansteigend den nächsten Übergang anzustreben. Unter uns liegt im Tal das Örtchen Ohama. Wir tränken die Pferde an einem Brunnen, aber das Wasser schmeckt den Herrschaften nicht und so ziehen wir weiter in das Dorf hinein. Szolt hat etwas Mühe mit der unterkühlten Begeisterung der Dorfbewohner, aber am Ende haben wir doch fast alles, was wir brauchen! Inkl. einem Schäfer, der uns weiterhelfen kann. Er verkauft uns 1kg Käse und sagt uns, wo wir draussen überall übernachten können, wenn wir nicht zum Hof der Deutschen hinauf gehen wollen, was wir tun! Die Rumänischen Verwalter lassen uns übernachten. Erst am Morgen erfahren wir zu welchem Preis, aber sie müssen jetzt noch mal kurz weg, um einzukaufen. Der Hof selbst ist wunderschön auf einer Anhöhe gelegen, von wo aus man die ganze Umgebung im Blick hat. Wir zäunen die beiden Wallache ausserhalb der Hofmauern ein und bereiten unser Nachtlager vor, obgleich die Verwalterin angeboten hat, dass wir im Zimmer schlafen könnten. Wir verzichten auf das Bett, freuen uns auf die Dusche und essen unseren Käse, Brot und Wurst. 2h später kommen die beiden Verwalter zurück. Sie waren mit dem Pferdefuhrwerk unterwegs und bringen Luzerne für die Pferde und laden uns ein zu Keksen und Tee ein. Die ersehnte Dusche muss leider ausfallen, denn es gibt kein Wasser. Also gehen wir klebend, wie wir sind zu unseren Schlafsäcken und legen uns unter dem sternenklaren Himmel beim Licht des Vollmondes schlafen.